Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 8. Band, (Jahrgang 1852)

Bericht über eine kunst-archäologische Bereisung Böhmens. 
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öffnet sich diese Empore mit einem Bogen, der alle Elemente eines 
zierlichen Portals umfasst. Ein hoher, reichgegliederter Sockel dient 
zur Basis der innern Gewandung dieser Bogenöffnung, in der ohne 
Zweifel ehemals ein zweiter Altar befindlich war. Die breite Band- 
verziernng, welche die Archivolte des ersten Bogengliedes schmückt, 
hat eine auffallende Aehnlichkeit mit dem architektonischen Schmucke, 
der den Eingang der Bundkirche zu Schelkowitz umgibt, lieber die 
ser Bogenöffnung raget ein Kämpfer, auf dem ein aus Rundstäben, 
Hohlkehlen und Leisten gefügtes Gesims aufruht, das hier als blosser 
Schmuck rechts und links sich ausflügelt und über zwei Säulenknäu- 
fen, die zu beiden Seiten des Kämpfers über der Bogenöffnung 
ragen, seinen Abschluss findet. Auf diesem Kämpfer ruht der Bogen 
auf, der über die Breite der Empore zum gegenüberstehenden Wand 
pfeiler gespannt ist. Die zu beiden Seiten desselben hervortretenden 
Säuleneapitäler sind viereckig und mit einer sorgfältig ausgeführten 
Ornamentirung versehen. Der Ansatz eines Säulenschaftes senkt 
sich einige Zoll tief unter diesen Capitälern herunter. In der Scheide 
mauer. welche die Empore von dem untern Kirchenraume trennt, sind 
zwei Fensteröffnungen. Jede derselben ist durch ein eigenthümlieh 
und überaus zierlich geformtes Säulchen in zwei vom Rundbogen 
überhöhte Theilc geschieden. In den vier Ecken dieser Emporkirche 
stehen Wandsäulen, deren Cäpitäler einen sternenförmigen, durch 
mannigfache Streifen eingefassten Schmuck tragen. Eine fünfte Säule 
dieser Art ragt aus der, dem Altarbogen gegenüber befindlichen W and. 
Der Aufgang zu dieser Empore ist eine schmale, in der innern Mauer 
dicke angebrachte Steintreppe. 
Die Länge der untern Kirche mit Einschluss der unter der Em 
pore befindlichen Vorhalle beträgt 42', wovon auf das Presbyterium 
14' entfallen. Das Presbyterium selbst ist nicht halbrund, sondern, 
eine seltene Ausnahme des Kirchenbaues im Rundbogenstyle in Böh 
men, dreiseitig. Die in den Ecken der Unterkirche befindlichen Säu 
len haben in ihren Capitälern eine aus Laub fl echt werk gebildete Ver 
zierung. 
Die Kirche oder vielmehr Doppelcapelle zu Vinec bietet meiner 
Ansicht nach einen belehrenden Stoff dem Künstler, der in das Wesen 
der Bauweise und der Ornamentik des Rundbogenstyles eindringen 
will; dieselbe ist wohlerhalten und zur Dechanteikirche zu Jungbunz- 
lau eingepfarrt.
	        
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