Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 89. Band, (Jahrgang 1878)

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Lorenz. 
Maassstab für die wahre Bedeutung und den wahren geschicht 
lichen Werth eines städtischen Gemeinwesens darbieten, und die 
Forschung auf diesem Gebiete muss nach anderen Kriterien 
suchen, welche die inneren Unterschiede zwischen Stadt und 
Stadt zu erklären vermögen. 
Nun ist die Entwicklung des Städtewesens von der Art, 
dass sich das Bild davon sehr verschieden gestaltet, je nachdem 
man vom Ursprung desselben ausgeht oder von der vollendeten 
Bltithe nach rückwärts schreitet und die Anfänge dessen fest 
zustellen sucht, was für das Resultat maassgebend war. Aus 
dieser verschiedenen Anschauung des Gegenstandes bald in der 
Richtung von dem Ursprung zu der Vollendung, bald umgekehrt 
von den Resultaten auf den zurückgelegten Weg, erklärt sich 
vielleicht einigermaassen das verschiedene Gewicht, welches die 
Geschichtsschreiber der Städte auf die verschiedenen Momente 
des städtischen Lebens legen. Wer von den primitiven Staats 
verhältnissen ausgeht, aus welchen sich das Stadtrecht ausschälte, 
dem erscheint in weiter Perspective die politische Macht und 
Stellung, welche eine Gruppe von Städten erlangte, vielleicht 
nicht als das wesentlichste Merkmal der Entwickelung; wer 
aber umgekehrt sich lebhaft die Zielpunkte der städtischen 
Verfassung vergegenwärtigt und von dem ausgeht, was das 
städtische Gemeinwesen im Laufe der Zeit geworden war, der 
wird die entscheidenden Wendungen vor allem aufzusuchen 
bestrebt sein, durch welche die Gegensätze unter den Städten 
entstanden, die von der Wissenschaft erklärt zu werden ver 
dienen. Deshalb hebt auch Heusler in seiner angeführten 
Schrift in Bezug auf die Einrichtung des Raths in den Städten 
hervor, dass das Schwergewicht der Untersuchung sicherlich 
nicht auf die rein äusserliche Herkunft desselben gelegt werden 
darf, ,denn', sagt der scharfsinnige Verfasser, ,das Entscheidende 
ist schliesslich nicht, ob er von dem bischöflichen Rathe oder 
von den Stadtgemeindevorstehern, oder von einem dritten Colle 
gium abstammt, sondern was für Machtbefugnisse er in 
sich aufgenommen hat, um als Repräsentant der Stadt 
verfassung und der Stadtfreiheit zu erscheinen'. 
Wiewohl nun im Grossen und Ganzen die Unterschiede, 
welche zwischen den verschiedenen Städtegruppen sich ins 
besondere in Deutschland zeigen, seit Hegel’s grundlegenden
	        
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