Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 89. Band, (Jahrgang 1878)

weiss man freilich nicht, ob sie eleu schiefen Ausdruck Stadt 
rath gewählt haben, weil sie das Wesen der Rathsverfassung 
falsch auffassten, oder ob sie den Rath falsch beurtheilten, 
, weil sie durch den Ausdruck Stadtrath von vorneherein irre 
geführt waren. Aber das weiss man, dass jetzt die ,Stadträthe‘ 
selbst in der preussischen Städteordnung keine Regierungs 
behörden sind, dass man heut zu Tage unwillkürlich mit dem 
Wort Stadtrath den Begriff eines blossen Gemeinderathes ver 
bindet, dass dagegen den Räthen der freien und Reichsstädte 
des Mittelalters die landesherrlichen Rechte zustanden, also 
eine souveräne Staatsgewalt zukam, soweit eine solche damals 
überhaupt in Deutschland ausgebildet war, und dass es daher 
verkehrt ist, sie Stadträthe zu nennen, um so verkehrter, als 
sie selber sich nie so betitelt haben, und es uns nicht ansteht, 
sie anders als mit ihrem officiell geführten Namen zu betiteln'. 
Was hier vom Rath und seiner Bedeutung im Mittelalter 
gesagt ist, gilt aber auch von der Stadt und ihrem Charakter 
überhaupt, und es ist klar, dass die Macht, Eigenartigkeit und 
Bedeutung einer grossen Gruppe von Städten nicht zu vergleichen 
ist mit der Entwicklung anderer Städte, deren äusserer Umfang 
keineswegs geringer zu sein brauchte, als jener der ersteren 
Gattung, deren innere Selbständigkeit aber gar keinen Vergleich 
zulässt mit den Städten der ersten Ordnung, seihst wenn diese 
äusserlich klein und gering an Bevölkerung waren. Je unsicherer 
im Allgemeinen der Begriff dessen was man unter einer Stadt 
verstehen will, erscheint, desto nothwendiger ist es, eine strenge 
Unterscheidung der Arten aufrechtzuhalten, in welche der 
ziemlich vage Gattungsbegriff zerfällt. Auch im Alterthum findet 
man Städte im persischen Reiche, wie in Griechenland, aber 
es hätte wenig Nutzen für die Erkenntniss ihres Wesens, wollte 
man sie alle auf eine Linie stellen, und wenn der oft gemachte 
Versuch die römischen Municipien mit dem deutschen Städte 
wesen in Zusammenhang zu setzen, etwas unläugbar verlockendes 
hat, so wurde schon von anderer Seite die richtige Bemerkung 
gemacht, dass diese Betrachtungsweise nur dadurch erklärbar 
ist, dass eben die äussere Aehnlichkeit von alledem, was sich 
jemals Stadt nannte, zu allen Zeiten sehr gross war. Eben 
diese Zusammenstellungen und Vergleichungen der äusseren 
Erscheinungen des Städtewesens können aber niemals einen 
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