Demosthenisclie Studien. II.
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Psepliismen trugen, erscheint dann nicht schlechthin als Antrag
steller, sondern in seiner Eigenschaft als Vertreter einer Behörde
und in Angelegenheiten, welche ausserhalb des Geschäftskreises
der Bule lagen, welcher nur die äussere Leitung, Beschaffung
des Gutachtens, Einführung in die Ekklesie oblag. Dass aber
selbst in einem solchen Falle der Rath nicht zu umgehen war,
kann vielleicht ein uns erhaltenes Psephisma allerdings aus
später Zeit lehren (CIA. II nr. 439), über welches Köhler im
Hermes II 326 handelte. Darnach findet kurz vor der an dem
selben Tag stattfindenden Ekklesie eine Rathssitzung statt und
zwar eine ausserordentliche — denn nur ausnahmsweise (wie
Demosthenes RvKr. § 169) fanden Rathssitzungen vor der am
frühen Morgen beginnenden Ekklesie statt — und zwar auf
Anordnung oder Veranlassung der Strategen (Z. 4 ßouArj eftßooXsu-
xvjgto) cüv/.AYjTOc CTpat[i)Ywv] xrapaYYSshävTWv y.ai onx'o ßouXvjc ex-Dajata
[v.uptaj sv iw Oeaxpw), um das Probuleuma eines Antrages (Z. 7
[sSo^e] xp ßouAvj y.at xw 3vjp,w), den nach Köhlers richtiger Ver-
muthung ein Strateg, natürlich im Namen des Collegiums stellte,
ausfertigen zu lassen und denselben der Volksversammlung zur
Entscheidung vorzulegen.
Nur ausnahmsweise wurden aber politische und admini
strative Anträge, welche innerhalb der 'Competenz des Rathes
lagen, von einem Bürger, der nicht im Rathe Sitz und Stimme
hat, unmittelbar in der Ekklesie eingebracht, wie ich dies mit
Rücksicht auf einige demosthenische Reden zu erweisen suchte;
aber nicht um jene verfassungsmässige Bestimmung zu umgehen,
sondern in der Absicht, dass die bezüglichen Anträge nach
einer vorläufigen Empfehlung und Rechtfertigung von Seiten
des Antragstellers dem Rathe zur Vorberathung zugewiesen
diese Verhandlung vergleiche Philippi (Der Areopag und die Epheten
S. IGO), dem ich bis auf den einen Punkt beipflichte, dass es sich um einen
Antrag des Timarch an die Volksversammlung handelte; denn xo Jnj'-piapa
xo toutou wird nur ein tr'^'.xo.a ßouXijs gewesen sein, welches über diesen
Hänserbau ein Gutachten des Areopags und Einführung dieser Behörde
in die Ekklesie beantragte. Auch ist zu beachten, dass der Areopagite
nicht das Wort (jnj(picr[ia gebraucht, sondern xo elavjxo Tipctp/oo
aroBo/'.ip.diCEi f; ßouXv). — Die obigen Beispiele wollen die Sache nicht er
schöpfen; eine eingehendere Darstellung der Geschäftsbeziehungen zwischen
Ekklesie, Bule und anderen Staatsbehörden oder öffentlichen Personen wie
Priestern (vgl. CIA. II nr. 403) soll bei anderer Gelegenheit versucht werden.
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