Müller. Ueber den Ursprung des Nominalstarames im Neupersischen. 223
Bemerkungen über den Ursprung des Nominal-
stammes im Neupersischen.
Von
Dr. Friedrich Müller,
Professor an der Wiener Universität.
Wenn man die persische Sprache der, Jetztzeit mit dem
Idiom der achiimenidischen Keilinschriften und dem mit letz
terem nahe verwandten Altbaktrischen vergleicht, so sieht
man, dass der Unterschied zwischen beiden nicht so sehr auf
der Verschiedenheit des Wortvorrathiss, als vielmehr auf der
verschiedenen Form der einzelnen Worte, und dem verschiede
nen Ausdrucke der grammatischen Verhältnisse beruht. Damit
ist nicht gesagt, dass der Wortvorrath des Neupersischen mit
dem Wortvorrathe der alten Sprachen übereinstimme. Im
Gegentheile hat die moderne Sprache eine Reihe von Worten
ganz aufgegeben, dafür aber theils durch Neubildungen auf
Grundlage des alten überlieferten Stoffes, theils durch Auf
nahme fremder, vornehmlich arabischer Elemente die Lücken
wieder ausgefüllt. Man kann aber im Grossen und Ganzen
behaupten, dass kein einheimisches Wort im Neupersischen
sich findet, das nicht seiner Wurzel und Stammbildung nach
aus dem entweder überlieferten oder sicher erschlossenen Wort
vorrathe der alten Sprache belegt werden könnte.
Ganz anders stellt sich aber die Sache, wenn man die
grammatische Form sowohl der einzelnen Worte, als auch des
ganzen Satzes näher betrachtet. Hierin zeigt sich zwischen
der alten und der neuen Sprache ein tief greifender Unter
schied. Während die alte Sprache die Bezeichnungen der ver
schiedenen grammatischen Verhältnisse in der Regel an den
einzelnen Theilen des Satzes (den Worten) hervortreten lässt,
deutet die moderne Sprache in vielen Fällen die grammatischen