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Verhältnisse, plötzlicher Tod, Börsensturz, Lotteriegewinnst und
, Schwank' bilden beliebte Auskünfte. Das angebliche Drama
ist im Grunde Erzählung, an sich unbegründeter, durch die
zu handeln scheinenden, aber in Wahrheit nicht handelnden
Personen, die ,zu schieben glauben und geschoben werden',
dem Anschein nach bewirkter, in Wahrheit ganz unabhängig
von diesen nach einem unabänderlichen Verhängniss sich voll
ziehender Glückswechsel. Werden zu dieser ,Maschinerie' nach
der Analogie des religiösen Dramas ,auswärtige' (übermensch
liche) Mächte, eine Mythologie, zu Hilfe genommen, so ent
steht das religiöse epische Drama, die Epopöe, mit seinem
anfangs- und endlosen Fluss auf- und abschwankenden Ge
schickswechsels, welchem selbst die scheinbar die Geschicke
lenkenden Götter, wie die von ihnen scheinbar gelenkten
Sterblichen unterworfen sind. Begnügt sich der Dichter da
gegen mit der Einführung irdischer (angeblich verborgener,
geheimnissvoller) Mächte (geheime Orden, ,unsichtbare Logen',
irdische Vorsehungen), so entsteht das profane epische Drama
oder dramatische Epos, der Roman, mit seinem zwar schein
bar durch handelnde Personen herbeigeführten, aber immer
noch ,romanhaften', d. h. mehr oder weniger willkürlich er
scheinenden Glückswechsel (Mignons plötzlicher Tod; Wilhelms
Begegnung mit Natalien im Walde).
Bewusste Satire auf das Drama ruft das ,Satyrdrama'
hervor, dessen polemische Spitze gegen die dramatische Form
selbst gerichtet ist, und das daher in seiner ursprünglichen,
von den Griechen erfundenen Gestalt (wie der hinter dem
Triumphator stehende Sclave, der ihm zurufen musste: Be
denke, dass du Mensch bist!), den Schluss der dramatischen
Aufführung, der Trilogie, bildete. Das einzige uns erhaltene
Stück aus dem Alterthum, der Kyklops des Euripides, zeigt
diesen Ursprung deutlich, indem die Form der Motivation,
welche von der antiken Tragödie beliebt, darin auf spöttische
Weise ins Gegentheil verkehrt wird. Der unbegreifliche Glücks
wechsel, der in der religiös gestimmten Tragödie durch höhere
und zugleich sittliche Mächte motivirt erscheint, wird hier
durch das Gegentheil von solchen erklärt. Die der Tragödie
zufolge zugleich klügeren und besseren Götter erscheinen hier
in der Person des genasführten und betrunkenen Polyphein