Die Psychologie und Erkenntnisslelire des Johannes Bonaventura.
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Mittelstellung des Menschen 1 ganz die Gedanken, die wir an
einem andern Orte 2 früher schon bei Hugo von St. Victor
kennen gelernt haben. Die Einigung des Höchsten in der
Schöpfung mit dem Niedersten in derselben muss durch wechsel
seitige Annäherung und Appropriation beider Gegensätze be
werkstelliget werden; die terrestrische Materialität muss durch
ihre organische Durchbildung zur Reception der rationalen Seele,
diese durch Ausrüstung mit den Vermögen der Belebung, Ve
getation und Sensification zur Verbindung mit dem organisir-
ten Stoffgebilde geeignet gemacht werden. Die solcher Art
angebahnte Einigung wird nun thatsächlich dadurch vermittelt,
dass zwischen die mit den genannten drei Vermögen ausgerüstete
rationale Seele und den organisirten Stoff die drei Geister:
Spiritus vitalis, naturalis und animalis vermittelnd eintreten.
Das durch die ebenmässige Durchbildung des Stoffes ermög
lichte Wirken der Belebungskraft der Seele wird vermittelt
durch den Spiritus vitalis; das durch die organische Gliederung
und Durchbildung der Organisation ermöglichte Wirken der
Vegetations- und Sensificationskraft der Seele wird durch den
Spiritus naturalis und animalis vermittelt. Die durchgebildete
Organisation des menschlichen Körpers als sinnlichen Wahr-
nehmungsorganes der Seele ist vollkommen der kosmischen
Location der Menschenseele angemessen; die menschliche Seele
bedarf im Unterschiede vom Engel, dem die Ideen der Dinge
eingeschaffen sind, als tabula nuda eines sinnlichen Leibes als
Mediums und Vehikels der Erlangung jener Erkenntnisse, zu
welchen sie eben nur auf dem Wege der sinnlich-irdischen
Erfahrung gelangen kann; und auf diese Erfahrung ist ihr
ganzes zeitliches Erkenntnissieben gegründet. Umgekehrt aber
ist die sinnlich-irdische Stofflichkeit in dem durch die mensch
liche Seele belebten Leibe zu jener Vollkommenheitsstufe em-
porgehoben, dass sie in ihm zur Theilnahme am seligen Leben
befähigt ist. So wird also dem Untersten, dem Stoffe, durch
seine Appropriation für das geistig-sittliche Leben der Seele
die Beziehung auf das letzte Ziel alles Geschaffen, auf das
Seligsein in Gott vermittelt. Seele und Leib des Menschen
1 Vgl. Sentt. II, dist. 1, art. 1, qu. 2.
2 Siehe Denkschriften d. Akad. Bd. XXV., S. 108.