Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 77. Band, (Jahrgang 1874)

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Scherer. 
Minnesingerhs. des XIII. Jalirh., die Quelle von BC, eröffnete, 
muss etwa so beschaffen gewesen sein wie XXII Heinrich von 
Veltkilchen in der Hs. A : zwei sicher echte Strophen Yeldekes 
eröffnen das letztere, dann folgen zwei unsichere und sechs 
sicher unechte, wovon fünf dem Dietmar von Aist gehören. 
So folgen auf die vier echten Strophen Heinrichs gleichfalls 
vier unechte, diese aber einem Verfasser oder wenigstens einer 
Schule gehörig. 
Und auch sie führen uns in die Nähe Dietmars von Aist. 
Wenn sie die Genauigkeit der Reime (bis auf richer : güetliche 
4, 17. 19, wenn ich das recht beurtheile) vor ihm voraus 
haben, so stehen sie ihm durch die fehlenden Senkungen nach. 
Die Stimmung des Mannes ist weicher als beim Burggrafen 
von Regensburg, aber von dienest ist noch nicht die Rede, 
und die Frau rühmt den Mann. Die dritte Strophe erinnert 
an den Abschied in Dietmars Tagelied. Die Frau sucht in 
der vierten Strophe ihre Abhängigkeit von dem Manne durch 
ein Gleichniss auszudrücken, wie umgekehrt Dietmar 38, 35. 
Die unverholene Aeusserung der Sinnlichkeit 4, 20. 5, 8 wie 
beim Regensburger und bei Dietmar, während Kaiser Heinrich 
nur sagt: swenne ich bi der minnecltchen hin. Die Wendung 
gegen die anderen Frauen, die ihr den Geliebten neiden 4, 30, 
noch ganz alterthümlich wie in den obigen Frauenstrophen. 
Dagegen kommt Naturgefühl gar nicht zum Ausdruck wie in 
den Kürnbergsliedern. Einzelheiten, die sich sonst vergleichen 
lassen, sind kaum vorhanden; der aller liebeste man 4, 36 (der 
aller beste man 38, 7) verendet 4, 28 (vergl. ende bei Dietmar 
§. 7) und ähnliche kommen nicht in Betracht. 
Die Metra setzen die Entwicklung der Waisenform und 
die erste, zweite, vierte Strophe (wenn ich die letztere richtig 
auffasse) speciell die Kürnberges wise voraus, nur dass über 
schlagende Reime hinzugekommen sind. Der Hiatus ist ver 
mieden wie bei Dietmar, wenn meine Vorschläge für die 
vierte Strophe Billigung finden. Jede Strophe ist vermuthlich 
ein Gedicht. 
Die ältesten Liederbücher einzelner Dichter, die wir 
haben, sind chronologisch geordnet. Wenn wir das auf Kaiser 
Heinrich anwenden, so müsste er gewaltig zurückgeschritten 
sein. Aber vielleicht verhält es sich in diesem Falle anders?
	        
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