Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 77. Band, (Jahrgang 1874)

Ueber die Mafoor’sclie und einige andere Papua-Sprachen. 
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Auf Neu - Guinea aber ist diese Dialektverschiedenheit 
noch eine ungleich grössere und tiefergehende, weil es über 
haupt noch nicht zu dem Anfänge einer Staatenbildung dort 
gekommen ist Von Ort zu Ort — und Orte sind meist nur 
wenige Häuser — besonders im Gebirge, ist die Sprache eine 
so total andere, dass selbst die Bezeichnungen der gewöhn 
lichsten und elementarsten Wörter grundverschieden sind und 
dass es, wie ich glaube, oft unmöglich sein wird eine gleiche 
Wurzel aufzufinden. Eine Erklärung dieses Umstandes scheint 
mir relativ nicht so schwierig zu sein. Die grosse Abgeschlos 
senheit der einzelnen kleinen Stämme gegeneinander, welche 
sich, wenn überhaupt, nur in feindlicher Weise berühren, er- 
giebt, bei dem lebendigen Flusse der Sprache, naturgemäss von 
Generation zu Generation, und selbst noch in kürzeren Zeit 
räumen, diese so verschiedenartige Abänderung des ursprüng 
lich, wie man wohl anzunehmen berechtigt ist, Gleichartigeren, 
da ja die Menge der Möglichkeiten der dabei einzuschlagenden 
Wege eine sehr bedeutende ist. 
Die Verschiedenheit der Species auf zoologisch-botani 
schem Gebiete weis’t gewisse Analogien mit diesem Umstande 
auf, und es ist seit Darwin von Sprachforschern und Anderen 
bereits eingehender darauf hingewiesen worden. Vielleicht aber 
ergäbe das genauere Studium dieser Dialektverschiedenheiten 
in solchen Ländern wie Neu-Guinea dem Sprachforscher neue 
und wichtige, bis dahin unbekannte Momente, da er hier ge- 
wissermassen naturwüchsigere und ungehemmtere Processe zu 
analysiren fände, als in den Abänderungen der höher organi- 
sirten Zweige der arischen und semitischen Sprachstämme, und 
ich unterlasse es daher nicht, auf die Aufgaben wiederholt 
hinzuweisen 2 , welche sich Sprachforschern ebenso wie Na 
turforschern im engeren Sinne, so wie Anthropologen und 
Ethnologen bieten, und welche nur zu lösen sind, wenn sie jene 
sollen so bedeutend unter sich abweichen, dass die Bewohner Eines 
Thaies die Bewohner manches anderen nicht verstehen. Auch die kirch 
lichen Reden werden in ganz verschiedenen Dialecten gehalten. 4 
1 Ausser an einem Küsten säume im Süd westen. 
2 Siehe A. B. Meyer, über die Negritos der Philippinen, Nat. Tydschr. voor 
Ned.-Indie 1873.
	        
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