Ueber eine Urkunde Ludwig des Deutschen für das Kloster Rheinau.
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Unter gleichem Datum und in der Hauptsache gleichen
Inhalts sind bisher bekannt: Eine Urkunde in Zapf Monum.
anecdota p. 436 ex autögrapho. Dieses angebliche Original ist
ebenfalls im Staatsarchive zu Ziirch (Klosterarchiv Rheinau).
Die Urkunde ist in demselben erweitert; Dem Schriftcharakter
gemäss gehört dasselbe in das X. Jahrhundert. An diese
Fassung haben sich die meisten Forscher gehalten. 1
Ferner eine Urkunde Ludwig des Deutschen im Auszug
bei Neugart Cod. Alemanniae I. p. 374. ex cliartulario Rhenau-
giensi n. XIV. Der Schriftcharakter dieses Rheinauer Chartu-
lars entspricht der ersten Hälfte des XII. Jahrhunderts. Das
ganze Chartular ist von einer Hand geschrieben und reicht in
seinen Aufzeichnungen nicht über das Jahr 1126. Vermuthlick
ist dieses Jahr auch das Jahr der Entstehung desselben.
Die Urkunde ist also in drei Fassungen erhalten: in der
oben mitgetheiltcn Originalform (A), in einer erweiterten
Fassung (B) und endlich im Rheinauer Chartular (C), welches
die Urkunde in Form B aufgenommen hat.
In der Originalfassung hatte auch Zapf die Urkunde ge
kannt, sie wird aber von ihm nur beiläufig erwähnt, so p. 436
n. x: in altero demum duplieato diplomate, p. 437 nach n. d.:
sub eodem dato exstat alterum diploma pariter autographum
eundem sensum iisdem verbis exprimens, non nihil tarnen
abbreviatum, p. 288 cuius duplicatum exemplar, ut in gra-
vioribus [Ludovieus] solebat, expediri curavit. Er hält also A
für ein Duplicat von B und begründet diese Annahme durch
den Hinweis auf Mabillon und das Chrom Gottwiconse. —
Diese Annahme ist aber durchaus unhaltbar; die Differenzen
zwischen A und B sind zu wesentlich, um B etwa für eine
spätere Abschrift eines Duplicates von A zu halten. Vielmehr
ist B durch Interpolation aus A entstanden. Freilich muss
man die Umarbeitung der Vorlage als sehr geschickt aner-
1 So Böhmer Reg'. Carol. 8‘26; Sickol Beiträge zur Diplomatik 11. S.
n. 106. Hidber Schweizerisches Urkundenregister 673 und Meyer von
Knonau im Archiv für Schweizerische Geschichtsforschung p. 75 Nr. 7.
Auch der letztere hält die Fassung B, obschon ihm das Original, wie
aus Regest Nr. 8 hervorgeht, bekannt war, für echt, nach dem von ihm
ausgesprochenen und von mir oben angeführten Grundsätze, dass er nur
die erwiesen echten Urkunden bearbeite.