Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 75. Band, (Jahrgang 1873)

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VV e r n e r. 
helle gar nicht gewöhnt ist. Wenn von Zweien, die in einiger 
Entfernung von einander sich behuden, der eine im Dunkel, 
der andere in der Helle des Lichtes steht, so wird letzterer 
vom ersteren gesehen, aber nicht umgekehrt der erstere vom 
letzteren. Der Sehstrahl nämlich, der von dem im Dunkel 
Stehenden ausgeht, behält im Dunkel seine gesammelte Kraft, 
während der Sehstrahl aus dem Auge dessen, der an einem 
beleuchteten Orte steht, sofort durch den Glanz des umgeben 
den lichtes dissipirt und abgeschwächt wird, und desshalb die 
Gestalt und Erscheinung des im Dunkeln Stehenden nur un 
vollkommen wiedergibt. 
Mit der Lehre von den Sinnen hängen bei Wilhelm von 
Conches die Erörterungen über Schlaf und Träume, sowie 
über die Einbildungskraft zusammen. Der Schlaf ist nach 
Wilhelm ein Ruhen der virtutes animales bei verstärkter Wirk 
samkeit der virtutes naturales. Diese Definition des Schlafes 
ist der Sache nach in Constantins physiologisch-medicinischen 
Erörterungen über den Schlaf enthalten, 1 und wird von Albertus 
Magnus als die gewöhnliche Definition der Schulen bezeichnet. 
Die Art und Weise, wie die virtutes animales eingeschläfert 
werden, schildert Wilhelm folgendermassen: Aus dem Calidum 
und Humidum der Leber steigt ein Dunst empor, der seiner 
natürlichen Bestimmung nach ein Vehikel des Wirkens der 
virtutes naturales ist und durch den ganzen Körper sich ver 
breitet. Wenn nun der feuchte Theil dieses Dunstes aufwärts 
steigend die Sinnennerven erfüllt, versagen diese der Seele 
den Dienst für so lange, bis er durch die natürliche Wärme 
verzehrt ist. Die durch das Ohr eindringende Luft kann den 
Menschen aus dem Schlafe wecken, indem sie jenen Dunst 
aus den Nerven verscheucht; eine ähnliche Wirkung kann 
durch Rüttelung des Schlafenden bewirkt werden. Aus der 
1 Vgl. Constantin. commun. loc. med. V, 33: Somrms ex temperata humi- 
ditate fit cereliri et ex fumo humido atque claro a toto corpore ad cerebrum 
ascendente. Fit autem somnus .... primo, ut cerebrum cum sensibus 
a suornm motuum quiesceret fatigationibus; unde animalis virtutis actiones 
in somno sunt quiescentes: Visus, auditus, gustus, odoratus et motus 
voluntarius. Actiones autem spirituales et naturales in suo cursu sunt 
permanentes. 
- Summa de craturis II, tr. I, qu. 41, art. 1
	        
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