Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 75. Band, (Jahrgang 1873)

Die Kosmologie und Naturlelire des scholastischen Mittelalters. 
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sei. Einige sagen — bemerkt Wilhelm — der Regenbogen 
sei etwas objectiv Wirkliches (irim esse substantiam), und 
halten ihn für ein Aggregat aus einer zahllosen Menge von 
Wolkentropfen, deren einige im Lichte der Sonne glänzen, 
während andere dunkel seien; obwohl von einander unter 
schieden, bilden sie für unser Auge ein Continuum von mannig 
faltigen Farbenübergängen. Die anderen, die den Regenbogen 
für einen Wiederschein der Sonne halten, rechtfertigen dies aus 
der kreisförmigen Gestalt desselben; wie jedoch der Regen 
bogen selber nichts Wesenhaftes, sondern blosses Bild einer 
Wesenheit sei, so seien auch die Farben blosse Bilder von 
Farben. Wieder Andere endlich nehmen an, dass die Iris nichts 
anderes als eine Wolke von mittlerer Dichtigkeit, nicht allzudunkel 
und nicht allzuhol], sei, welche, der Sonne direct gegenüber 
stehend und von ihr beglänzt, die vier Hauptfarben der vier 
Elemente annehme, vom Feuer die Rüthe, von der Luft die 
Purpurfarbe, vom Wasser die Bläue, von der Erde das Grün. 
Diese dritte, von Wilhelm erwähnte Ansicht, für welche er 
sich unter Weglassung des bei Isidor 1 vorkommenden spielenden 
Gedankens von den Farben der vier Elemente in den Ele- 
mentis philosophiae endgiltig entscheidet, trifft im Ganzen mit 
jener Seneca’s zusammen, 2 und wird von Wilhelm durch den 
analogen Fall dos Farbenspieles, welches unter gewissen Um 
ständen an von der Sonne beschienenen wassergefüllten Gläsern 
sich zeigt, erläutert. 3 Wollte man wegen einer relativen Dis- 
crepanz der Erklärungen Seneca’s und Wilhelms zweifeln, ob 
letzterer jenen vor Augen gehabt und benützt habe, so würde 
eine längere, fast wörtlich mit Seneca Q. N. I, 8 (n. 6. 7) 
zusammenstimmende Stelle in Wilhelms grösserer Schrift jeden 
1 Vgl. Isidor. Nat. Rer., c. 31, und weiter auch Beda Nat. Rer. c. 31. 
2 Vgl. Seneca Q. N. I, 3: Illud dubium nulli esse potest, quin arcus imago 
solis sit roscida et cava nube concepta. Quod ex hoc tibi appareat: 
Nunquam neu soli adversa est .... Saepe nubes a latere solis est, nec 
arcum efficit, quia non ex recto imaginem trahit. 
3 Aqua in nube illustrata ut in vitreo vase ex splcndore solis, ubi est 
tenuior et calidior, rubeum ostendit colorem; ubi spissior, purpureum vel 
nigrum. Inde est, quod arcus ille nunquam nisi in opposita parte solis 
relucet. Aer enim vicinus soli ex ejus splendore ita irradiatur, ut diversi 
colores in eo non appareant. Elem. philos., lib. III.
	        
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