Zimm ermann. lieber den Einfluss der Tonlehre auf Herbart’s Philosophie. 33
Ueber den Einfluss der Tonlehre auf Herbart’s
Philosophie.
Yon
Dr. Robert Zimmermann,
wirklichem Mitgliede der kais. Akademie der Wissenschaften.
Der zufällige Umstand, dass der erste Vortrag in der
ersten Sitzung des neubegonnenen Jahres die Harmonielehre
behandelt, mag vielleicht als günstiges Vorzeichen angesehen
werden. Zwar betrifft derselbe weder ihren ästhetischen Werth
für die Kunst, wofür in der Akademie überhaupt, noch ihre
physicalisch-acustisehen Bedingungen, für welche in dieser
Classe kaum der passende Ort wäre. Dagegen darf die
selbe wol, insofern sie in der Geschichte der Philosophie
Einfluss auf die letztere übend sich zeigt, auf eine Stelle in
den Abhandlungen der philosophisch-historischen Abtheilung
Anspruch machen.
Allerdings ist die Betrachtung dieses Einflusses weder
neu, noch der Einfluss selbst neuerlich. Derselbe weicht,
sei es im Morgen-, sei es im Abendland, in die älteste Zeit
zurück. In dem um 500 v. Chr. verfassten Buche des Tso-
Kiu-Ming, eines Schülersund Freundes des Kong-Fu-Tse, werden
die fünf Töne der alten chinesischen Tonscala mit den fünf
Elementen ihrer Naturphilosophie (Wasser, Feuer, Holz, Metall
und Erde) verglichen. Im griechischen Alterthum ist der Ein
fluss der Musik auf das System der pythagoräischen Schule stets
anerkannt worden. Die von dem Gründer derselben angeblich
entdeckten harmonischen Intervalle haben nicht bloss zu der
sogenannten Musik der Sphären, d. h. zu der Voraussetzung
Sitzungsber. d. phil.-liist. CI. LXXIII. Bd. I. Hft. 3