Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 66. Band, (Jahrgang 1870)

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Müller 
A. Nomen. 
Nach dem Zustande der Sprache, seit mehr alsi000 Jahren, zu 
urtheilen, sind dem Nomen beinahe sämmtliche Casusformen früh 
zeitig abhanden gekommen. Gegenwärtig tritt, mit alleiniger Aus 
name der alten Themen in -ar, überall das seines Auslautes beraubte 
Thema für alle Casusformen des Singulars ein, wodurch Umschrei 
bung der Casus durch äussere Mittel nothwendig wird i). Im Plural 
tritt der Genitiv als Repräsentant aller Casus auf, wodurch wiederum 
dasselbe Bediirfniss wie im Singular hervortritt 2 ). 
Diese Thatsache findet einerseits in dem soeben entwickelten 
Auslautgesetze ihre Erklärung, andererseits in dem Verlust einzelner 
Casusformen, dem wir ja schon in den Keilinschriften (wo bekanntlich 
der Dativ ganz fehlt) begegnen. So scheint der Genitiv Singularis, 
nachdem das mit ihm regelmässig in Verbindung stehende Relativum 
ya- denselben hinreichend charakterisirte, frühzeitig verloren gegan 
gen zu sein. 
Von den Themen haben auch im Persischen jene auf als die 
zahlreichsten, sich die übrigen, namentlich die consonantischen assi- 
milirt. So entstanden aus altbaktr. (klisapan-), 
(raocanh-J, die Themen khsapa-, raoen-, welche gerade so wie 
martya-, vehrka- flectirt und dann, gleich diesen, nach dem Auslaut 
gesetze verändert wurden. 
Die Themen in -ar gingen nicht, wie im Ossetischen in Themen 
auf -a über (vgl. ossetisch 'MJ = pita-, M8j\ — mäta-'), sondern 
wurden in Themen auf -ara verwandelt. So entstand aus pitar- ein 
Thema pitara-, aus mätar- ein Thema mätara-, aus qanhar- ein 
Thema qanhara. 
Dem Plural sind sämmtliche Casusformen bis au! den Genitiv 
abhanden gekommen und ist derselbe als Grundlage für die durch 
J ) Über dieselben vgl. meinen Aufsatz: „Die Declination des Neupersischen und Osse 
tischen“ in den „Beiträgen zur vergleichenden Sprachforschung von Kulm und 
Schleicher, Bd. V. 
2 ) Neup. -an kann nur -dndm entsprechen (nach Abfall des schliessenden am), nicht 
aber -dm, wie Vullers (Grammatica linguae persicae II. ed. pag. 162) lehrt, oder 
an (Accus, plur.), wie Bopp (vgl. Gramm. II. Au fl. I. §. 240) behauptet. Letztere 
Ansicht ist schon deswegen abzuweisen, weil der Accus, plur., welcher im Alt- 
haktrischen wohl auf -an ausgeht im Altpersischen auf -o auslautet.
	        
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