Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 64. Band, (Jahrgang 1870)

Die Anicier und die römische Dichterin Proba. 
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Stelle jetzt Palestrina liegt, leitete ihren Ursprung aus früher Vor 
zeit von einer pelasgischen Ansiedelung, die noch vor der sagenhaften 
Ankunft des Trojaners Aeneas in Latium stattgefunden haben sollte. 
Im Laufe der Samniterkriege, nach einer schweren Niederlage 
der Römer, fielen von diesen ihre latinischen Bundesgenossen, darun 
ter auch die Pränestiner ah. Damals (um 340 vor Christus) lebte zu 
Präneste ein angesehener Mann Q. Anicius Gallus, der durch 
den Aufstand seiner Vaterstadt römischer Landesfeind geworden war. 
Welche Rolle er in dem latinischen Kriege spielte, kann aus Mangel 
an Nachrichten nicht näher angegeben werden, aber schon nach 
wenigen Jahren, als die Empörung unterdrückt war, finden wir ihn 
in Rom eingebürgert, und die Plebejer zählten ihn zu ihren angese 
hensten Standesgenossen. 
In der damaligen Zeit hatten die Plebejer nicht nur bereits den 
Zutritt zum Consulat und dadurch die Theilnahme an der Mitregie 
rung des Freistaates erlangt, sondern sie machten sich auch bald alle 
curulischen Ämter, welche den Patriciern noch für ihren Stand be 
sonders Vorbehalten waren, zugänglich. Die Aufnahme vieler latini 
schen Municipes in den römischen Bürgerverband, die Gleichstellung 
der Nachkommen der zahlreichen Freigelassenen mit den römischen 
Altbürgern, wie auch die Vermehrung derTribus — alle diese Verän 
derungen brachten neue Elemente ins Staatsleben, wodurch die Ple 
bejer allmälig ein Übergewicht erhielten, das sie auch in den Wahl- 
comitien zu ihrem Vortheile ausnützten. Die curulische Ädilität, 
welche bei der Errichtung der Prätur die Patricier als ein ihnen nur 
allein zustehendes Amt, den plebejischen Ädilen gegenüber, sich re- 
servirt batten, theilten sie schon wenige Jahre später ohne besondern 
Widerstand mit ihren politischen Gegnern, indem dasselbe wenig mit 
Machtbefugnissen verbunden war, dagegen von seinen Trägern an 
strengende Bemühungen und bei der ihnen obliegenden Abhaltung 
von Festspielen nicht unbedeutende Geldopfer erheischt wurden. 
Reiche Plebejer bewarben sich gern um das Amt, weil es die erste 
Stufe zu den höheren Magistraturen und zur Nobilität bildete. 
Es war im Jahr 450 der Stadt (304 v. Chr.), als Cn. Flavius, 
ein Freigelassener des berühmten Appius Claudius Caecus, der durch 
Veröffentlichung eines Amts- und Gerichts-Kalenders ein namhaftes 
Verdienst um die Plebejer sich erworben hatte, und zugleich der 
Pränestiner Q. Anicius Gallus zu curulischen Ädilen erwählt
	        
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