Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 64. Band, (Jahrgang 1870)

Aschbach, Die Anicier und die römische Dichterin Proba. 
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Die Anicier und die römische Dichterin Proba. 
Von dem w. M. Dr. Joseph Asch bach. 
I. 
Die Anicier. 
Es gibt kaum eine andere römische Familie, welche eine so 
lange Reihe von Jahrhunderten hindurch ihre politische Bedeutung 
gewahrt hat wie die Anicische. Schon in der Zeit der Kriege, 
welche Rom zur Herrschaft über Italien geführt haben, werden die 
Anicier unter den angesehenen und reichen römischen Bürgern ge 
nannt, und sie gelangten dann auch in rascher Folge zu hohen Staats 
ämtern. Aber die Anicische Familie erhielt erst recht ihre eigentliche 
Bedeutung und eine hervorragende Stellung, als unter Constantin dem 
Grossen der römische Staat eine neue Einrichtung bekam, der alte 
Cultus schwand und das kaum eingeführte Christenthum zur Staats 
religion erhoben wurde. Die Anicier gehörten damals zu den ersten 
senalorischen Familien, welche am entschiedensten und eifrigsten 
dem neuen Cultus und den Cönstantinischen Einrichtungen sich zu 
wandten und wesentlich dazu beitrugen, den Übergang vom heidni 
schen Rom zur christlichen Kaiserherrschaft zu befördern. Durch ihre 
Stellung am Kaiserhof, durch ihre weitverzweigten Familien-Verbin- 
dungen und ihren mächtigen Einfluss in dem wieder Ansehen gewin 
nenden Senat, durch ihre unerschöpflichen Reichthümer und ihren 
unermesslichen Länderbesitz in Italien und in fast allen Provinzen 
des Reiches, waren die Anicier in den beiden letzten Jahrhunderten 
der römischen Kaiserherrschaft im Abendlande beinahe die einzige 
innere politische Macht, welche das Zerfallen und den Untergang des 
Reiches noch aufhielt. Sie bekleideten fast beständig die höchsten 
Staatsämter: selbst den Kaiserthron bestiegen einige Mitglieder der 
Familie.
	        
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