Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 57. Band, (Jahrgang 1867)

Wort und Form irn altfranzösischen Process. 
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de Bretagne. In England werden bekanntlich noch heute die Advo- 
caten Counsels genannt >). Diese Gleichheit des Namens erklärt sich 
aus dem Umstande, dass gewöhnlich einer aus dem Conseil für die 
Partei das Wort führte. Und da in gewissen Fällen jeder Consulent 
das Wort ergreiten konnte, so mochte sich derjenige, der zugleich 
Vorsprecher war, nicht immer in hervorragender Weise aus der 
Reihe seiner Genossen heraushehen. Nichtsdestoweniger ist, wie ich 
glaube, für den altfranzösischen Process der Unterschied zwischen 
avantparlier und Conseil im Wesen der Sache festzuhalten 2). Die 
Thätigkeit des Vorsprechers geht über die des gewöhnlichen Consu- 
lenten hinaus. Auch dort, wo der avantparlier dem Conseil beige 
zählt wird, kann doch nur einer aus demselben für die Partei plai- 
dieren. So soll nach Beaumanoir V, 8, wenn eine Partei auch noch 
so viele Leute in ihrem Conseil hat, doch nur einer allein erkoren 
werden, um für sie zu sprechen. Würden nämlich alle oder mehrere 
Consulenten das Wort führen, so würde der Richter gestört durch 
die Menge der Reden und würden die Processe zu lange dauern, et 
pur ce afiert il qu’il ne parole que li un. Nur ausnahmsweise, 
wenn es sich um die Besserung der Rede des Vorsprechers handelt, 
kann jeder beliebige Consulent zum Worte kommen. — Gerade die 
Assises der Haute Cour bringen trotz der gleichartigen Bezeichnung 
den erwähnten Unterschied mitunter zu klarem Ausdruck. Die Partei 
liess sich die Consulenten vom Richter aus den Dingleuten geben. 
Diese waren verpflichtet, in das Conseil zu gehen. Einer aus dem 
Conseil fungierte als Vorsprecher. Allein die Lehnspflicht erstreckte 
sich nur auf das conseiller und nul home lige ne deit (lire pa 
role en court por nullui, ce il ne viaut 3 ). Die Partei mochte daher, 
wenn sie das Conseil begehrte, stets einen Urtheilfinder als Consu- 
leiiten verlangen, von dem sie im voraus wusste, dass er das Vor 
sprechen nicht verweigern werde. In derselben Haute Cour bedurften 
die Zeugen, um das Zeugniss abzulegen, unumgänglich eines Vor- 
1) Blackstone 111,26. Rüttimann Der englische Civilprocess, Leipzig 1851, 57 ff. 
Gundermann Englisches Privatrecht 459. 
2 ) Anderer Ansicht Odier Esquisse du droit feodal, Revue historique de droit 
frangais et etranger VIII, 433. 
s ) Jacques d’lb. eh. 39, Beugnot I, 462. — Assises de Romanie c. 146 bei Canciani 
LL. III, 520: der Gerichtsherr gieht Conseil. Ma advocato lo non e tegnudo a dar.
	        
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