Wort und Form irn altfranzösischen Process.
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de Bretagne. In England werden bekanntlich noch heute die Advo-
caten Counsels genannt >). Diese Gleichheit des Namens erklärt sich
aus dem Umstande, dass gewöhnlich einer aus dem Conseil für die
Partei das Wort führte. Und da in gewissen Fällen jeder Consulent
das Wort ergreiten konnte, so mochte sich derjenige, der zugleich
Vorsprecher war, nicht immer in hervorragender Weise aus der
Reihe seiner Genossen heraushehen. Nichtsdestoweniger ist, wie ich
glaube, für den altfranzösischen Process der Unterschied zwischen
avantparlier und Conseil im Wesen der Sache festzuhalten 2). Die
Thätigkeit des Vorsprechers geht über die des gewöhnlichen Consu-
lenten hinaus. Auch dort, wo der avantparlier dem Conseil beige
zählt wird, kann doch nur einer aus demselben für die Partei plai-
dieren. So soll nach Beaumanoir V, 8, wenn eine Partei auch noch
so viele Leute in ihrem Conseil hat, doch nur einer allein erkoren
werden, um für sie zu sprechen. Würden nämlich alle oder mehrere
Consulenten das Wort führen, so würde der Richter gestört durch
die Menge der Reden und würden die Processe zu lange dauern, et
pur ce afiert il qu’il ne parole que li un. Nur ausnahmsweise,
wenn es sich um die Besserung der Rede des Vorsprechers handelt,
kann jeder beliebige Consulent zum Worte kommen. — Gerade die
Assises der Haute Cour bringen trotz der gleichartigen Bezeichnung
den erwähnten Unterschied mitunter zu klarem Ausdruck. Die Partei
liess sich die Consulenten vom Richter aus den Dingleuten geben.
Diese waren verpflichtet, in das Conseil zu gehen. Einer aus dem
Conseil fungierte als Vorsprecher. Allein die Lehnspflicht erstreckte
sich nur auf das conseiller und nul home lige ne deit (lire pa
role en court por nullui, ce il ne viaut 3 ). Die Partei mochte daher,
wenn sie das Conseil begehrte, stets einen Urtheilfinder als Consu-
leiiten verlangen, von dem sie im voraus wusste, dass er das Vor
sprechen nicht verweigern werde. In derselben Haute Cour bedurften
die Zeugen, um das Zeugniss abzulegen, unumgänglich eines Vor-
1) Blackstone 111,26. Rüttimann Der englische Civilprocess, Leipzig 1851, 57 ff.
Gundermann Englisches Privatrecht 459.
2 ) Anderer Ansicht Odier Esquisse du droit feodal, Revue historique de droit
frangais et etranger VIII, 433.
s ) Jacques d’lb. eh. 39, Beugnot I, 462. — Assises de Romanie c. 146 bei Canciani
LL. III, 520: der Gerichtsherr gieht Conseil. Ma advocato lo non e tegnudo a dar.