Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 51. Band, (Jahrgang 1865)

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Brunner 
wenn anders man jene nicht vor das oft weit entlegene Königsgericht 
bannen wollte, an Ort und Stelle des Streitobjectes geführt werden '). 
Hatte eine rechtmässige Reclamatio stattgefunden, so erliess der 
König, wenn sonst die Voraussetzungen des Inquisitionsbeweises vor 
handen waren, ein Inquisitionsmandat zur Berichterstattung. Der 
Missus nahm den Beweis auf, und erstattete über das Ergebniss Be 
richt, welchem gemäss am Königsgerichte das Urtheil gefällt wurde. 
Hiemit soll nicht gesagt sein, dass in allen Reclamationsfällen ein 
solches Inquisitionsmandat zur Anwendung kam oder dieses stets 
eine Reclamatio zur Voraussetzung hatte. Der Zusammenhang ist kein 
juristischer sondern nur ein thatsächlicher, sofern die Anwendung 
des Reclamationsrechtes das Bedürfniss nach Inquisitionsmandaten 
hervorrief, welche, wenn die definitiva sententia 2 ) dem Königs 
gerichte Vorbehalten wurde, nur Mandate zur Berichterstattung sein 
konnten. 
Inquisitionsmandate zur Berichterstattung bieten uns, abgesehen 
von den Capitularien, die bereits oben erörtert worden sind, die Ur 
kunden in grosser Fülle. Ein solches liegt z. B. der bekannten Ur 
kunde Martene Coli. ampl. I, col. 41 von circa 780 zu Grunde. Der 
Bischof von Marseille hatte vor Karl dem Grossen geklagt, dass mehrere 
dem Kloster St. Victor gehörige Besitzungen vom Fiscus eingezogen 
worden seien 3 ). In dem Berichte, welchen die von Karl abgeordneten 
Machtboten über die von ihnen vorgenommene Inquisitio erstatten, 
wird der Anlass der Untersuchung und das Inquisitionsmandat reca- 
pituliert. „ Vos domne nobis de verbo vestro commendastis et (sc. ut) 
nos hoc diligenter juxta legis ordinem per illus (illos) pngenses 
ingenuos homines, qui hoc bene cognoscere debent, inquirere de- 
Auf den Gegensatz zwischen ordentlichem Beweisverfahren und einer vom König 
ungeordneten Untersuchung beziehe ich Bouquet VIII, 393, a. 834, B. 620. Ein 
Geistlicher klagt vor dem König „probter rebus ecclesiasticis . . . quas M. comes . . . 
in usus communes verte re temptaret u . „Ulterius non valens (sagt Lothar von sich 
in der Urkunde) ferre clamorem tantae multitudinis clericorum vel monachorum 
ante praesentiam nostram iussimus sisti et vehementer probari veritatem liujus 
rei u . . „Praesul . . . Chartas protulit. . . anteriorum regum. 
2 ) Auch in Reclamationsfällen konnte ein Mandat ad defmiendum erlassen werden. 
„Populus sciat . . . quando aliquis ... ad nos reclamaverit ad eos (missos) possi- 
mus . . . querelas ad definiendum remittere“. §. 2, Cap. miss. 825 P. 247. 
s ) Conf. Roth, Feudalität und Unterthanenverband Seite 86.
	        
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