Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 168. Band, (Jahrgang 1911)

16 
V. Abhandlung: v. Wiesner. 
das Gewebe seiner ursprünglichen Textur zu entkleiden und in 
einen homogenen Beschreibstoff umzuwandeln, was, wie kaum 
zu bezweifeln sein dürfte, durch einen Stampfprozeß erfolgt 
sein mochte. Um aber den Stoff noch homogener zu machen, 
hat man ganz fein zerstampfte Fasernmasse zur Füllung des 
Papiers verwendet. In der Tat, bei mikroskopischer Unter 
suchung des genannten Papiers findet man zwischen den mehr 
oder minder stark demolierten Garnfäden reichlich eine fein 
faserige Masse, welche substanziell mit den Garnfaden überein 
stimmt. Uber die Art der Faser, welche in diesem Papier vor- 
kommt, werde ich später weiter unten berichten. 
Einstweilen möchte ich aus dem angeführten Befunde ab 
leiten, daß wir vielleicht in unserem Papier TXIla ii l a den 
ersten Versuch oder einen der ältesten Versuche vor uns haben, 
ein Gewebe in einen Beschreibstoff umzuwandeln. Heute zer 
kleinert man die Hadern auf das feinste, erhält kleine Fäser 
chen, welche man durch das ,Schöpfen' oder ähnliche Prozeduren 
dicht zu binden versteht und auf diese Weise dünne flächen- 
förmige, richtiger blattdünne (ein Blatt Papier!) Beschreibstoffe 
erhält. 
Ob man sofort die Hadern in feine Fäserchen zerteilte 
und diese durch ,Schöpfen' zu Papier verband, ist nicht sicher 
gestellt, es läßt sich vielmehr annehmen, daß man zu einem 
solchen Verfahren erst nach und nach kam. Und gerade unsere 
Papierprobe gibt einen Fingerzeig, wie eine Vorstufe der ratio 
nellen Papiererzeugung zu denken sei. Unsere Probe besteht 
aus einem halb zerstampften Gewebe, deren noch erkennbare 
Garnfäden gewissermaßen das Skelett des Papiers bilden, welches 
in eine kurz- und feinfaserige Fasermasse eingebettet erscheint. 
Dieser Charakter der Beschreibstoffe führt auf den Gedanken, 
daß die Chinesen auf der Suche nach einem dünnen, leichten 
Beschreibstoff als Ersatz der kompakten Holztäfelchen es unter 
nahmen, dünne leinwandartige Gewebe in einen solchen Be 
schreibstoff umzuwandeln. Das Stampfen solcher Gewebe trieb 
man aber — so denke ich mir die Sache — nicht bis zur 
völligen Zerstörung des Gewebes; man wollte eben die Bindung 
der Garnfäden benützen, um die Flächengestalt des beabsich 
tigten Beschreibstoffes zu erhalten. Aber auf dem halbzer 
stampften Gewebe konnte man noch nicht schreiben, es war
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.