Der Strophenbau in den Psalmen und seine äußeren Kennzeichen. 21
die oft den Zusammenhang stören und erst von umsichtiger
kritischer Hand ausgeschieden werden müßten, damit die rein
lyrischen Bestandteile in ihrem vollen Zusammenhänge resti
tuiert werden. Auch die alphabetischen Psalmen mußten bei
dieser Untersuchung außer acht gelassen werden, da ihre Kunst
form sich darin zu erschöpfen scheint, daß sie einzelne oder
mehrere Stichen aneinanderreihen, die in ihren Anfangsbuch
staben das Alphabet ergeben, eine äußerliche Form, die in
Künstelei ausgeartet ist. 1 Es gibt aber auch eine beträchtliche
Anzahl von Psalmen, die als ganze Lieder zu betrachten sind,
deren Texte jedoch eine solche Unordnung und Unsicherheit
aufweisen, daß sie uns nicht gestatten, ihre Stichenzahl mit
einiger Sicherheit zu kontrollieren und die verloren gegangene
Symmetrie wieder herzustellen, ohne daß wir uns in weit
gehende Textkritik und scharfsinnige Konjekturen einlassen,
die im besten Falle geistreich, aber nichts weniger als wahr
scheinlich sein können.
Und so mußte bei dieser Untersuchung darauf verzichtet
werden, in einer großen Reihe von Psalmen, besonders der letzten
Kategorie, nach geregelter Stichenzahl symmetrisch geordnete
Strophen abzuteilen und die Responsion zwischen einzelnen
Gliedern nachzuweisen, trotzdem sie sonst alle Merkmale des
Strophenbaues erkennen lassen und häufig auch' Spuren von
Responsionen aufweisen, die wir sicherlich besser und deutlicher
erkennen würden, wenn wir in der Lage wären, vorerst ihre
ursprüngliche Stichengestalt festzustellen.
Es seien hier nur einige Beispiele angeführt, ohne auf
eine genaue Darstellung der Strophenstruktur einzugehen:
dere Psalmen, mit denen die Exegese nichts anzufangen weiß, wenn
es' sich um die Feststellung der äußeren Formen sowie des inneren
Zusammenhanges handelt.
1 Gekünstelt sind jedenfalls Ps. CXI, CXII, wo die Stichen in alphabeti
scher Ordnung sich aneinanderreihen. Den Höhepunkt der Künstelei
bildet jedoch Ps. CXIX mit seinen alphabetisch anklingenden Oktastichen.
Und doch liegt auch dieser Künstelei, wie D. H. Müller (Neue Bei
träge, S. 54 ff.) nachgewiesen hat, die Responsion zugrunde, da in
jeder sogenannten Strophe das ,Wort Gottes* in je acht Synonymen
wiederkehrt. Eine eigenartige Künstelei bildet der zum Teil aus Ps.
CXXXV durch Einschiebung von non tbvh 'o nach jedem Stichos hervor
gegangene Psalm CXXXVI.