Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 145. Band, (Jahrgang 1903)

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X. Abhandlung: Mussafia. 
Chrestien nicht zu. Sie haben nur durch das Auflegen der 
Hand den Herzschlag gefühlt und wissen, dass Fen. lebt; sie 
denken nur an eine in der als dazu hinreichend gehaltenen 
Weise gespielte Comödie. — Dass sie gegen die Simulantin 
zu so grotesken Mitteln greifen, dies bildet das Absonderliche 
der Episode. Wie! Sie haben dem Kaiser versprochen, ihm 
die Gemahlin wiederzugeben, und nachdem sie sie blutig ge 
schlagen und ihr auf die Hände siedendes Blei gegossen, 
schicken sie sich an, sie am Feuer zu rösten! Bei etwas 
kühlerem Kopfe hätten sie bloss den Bath ertheilt, mit der 
Bestattung noch eine Weile zu warten; über kurz oder lang 
wäre die Frau schon zu sich gekommen. 1 Diese Episode der 
Aerzte, die man so leicht ausschalten könnte, aber gar ungern 
vermissen würde, ist nur eine der so zahlreichen Satiren gegen 
die Dummheit und Starrköpfigkeit der Aerzte. 
Eigentümlich ist die Wirkung des Schlaftrankes: 5779 
come l’ot beue li fu troblee la neue et ot le vis si pale et 
blanc con s’ eie eust perdu le sanc, ne pie ne main ne remeust, 
qui vive escorchier la deust, ne se crolle ne ne dit mot, et 
s’ antant eie bien et ot le duel que V emperere mainne et le 
cri don la sale est plainne. Und als die Aerzte zu Fen. sagen: 
5952 vos metons a devise nostre pooir, nostre servise, da ver 
nimmt sie ihre Worte; aber riens ne vaut, qu’ eie n’ a soing 
ne ne li chaut del servise qu’ il li prometent. Der Trank also 
paralysiert so vollständig das physische Leben, dass die Erstarrte 
selbst bei ärgster Misshandlung sich nicht rührt, geschweige 
denn zu sprechen vermag, und lässt das psychische unversehrt; 
Fen. nimmt Alles wahr was um sie geschieht, nur könnte sie, 
selbst wenn sie wollte, dagegen nicht reagieren. So lange als 
in den soeben angeführten Stellen kein Zwiespalt zwischen 
Wollen und Können herrscht — um die Klagen des ungeliebten 
Gemales und der Uebrigen (Cliges ist nicht dabei) und um die 
Worte der Aerzte kümmert sich ja Fen. blutwenig —, erscheint 
diese besondere Eigenschaft des Trankes als ein Nebenumstand 
von so geringer Bedeutung, dass wir füglich fragen könnten, 
1 Nicht anders, wenn man doch annehmen wollte, dass die Aerzte gewahr 
wurden, F. sei narcotisiert. Sie brauchten eben nur das Aufhören der 
Wirkung abzuwarten.
	        
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