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V. Abhandlung: v. Sickel.
scheint mir doch zu sprechen, dass derselbe aus Fabriano-
Papier gebildet worden ist und römische Schrift aufweist; sollte
es wirklich schon im 17. Jahrhundert vorgekommen sein, dass
von Rom ein dortiger Schreiber, mit dortigem Material aus-
gestattet, zu solchem Behufe nach Mailand ausgesandt worden
sei? Auch dieses Bedenken wird durch die Annahme behoben,
dass eine erste Copie in der Ambrosiana selbst entstanden und
auf Wanderung gerathen, auch in die Hände eines römischen
Schreibers gefallen sei, der, wenn nicht die ganze Sammlung
von Briefen, so doch deren zweiten Theil nochmals copirt hat.
So sicher die Ableitung von tom. 108 aus der Mailänder
Collection der Originale ist, 1 so deckt sich doch tom. 108 dem
Inhalte nach nicht ganz mit der uns jetzt in den Codd. 140
und 141 vorliegenden Sammlung von Briefen aus den Jahren
1562 und 1563. Was in tom. 108 vermisst wird, ist allerdings
gering. Wahrscheinlich beschränkt es sich darauf, dass der
Schreiber dieses Bandes, eventuell auch schon der von F. 108,
als der spanischen Sprache unkundig, zwei in dieser geschrie
bene Briefe des K. Philipp von Spanien vom 15. und 16. Oc-
tober 1562, welche den Legaten aus Rom abschriftlich mitge-
theilt wurden, ausgelassen hat; 2 denn, wenn tom. 108 sonst nur
noch um zwei im Cod. 140, f. 70 und f. 318 eingereihte Post
scripte ärmer erscheint, so mögen diese an unrichtige Stelle
gerathen sein, was auch in anderen Fällen geschehen ist
(s. S. 13). Dagegen weist die Vaticanische Handschrift ein
Plus von nicht weniger als 21 Stücken auf. Daran, dass für
tom. 108 oder für F. 108 noch irgend eine andere Quelle als
die zwei Mailänder Handschriften benutzt worden und so jenes
Plus erzielt worden sei, ist nicht zu denken. Die andere nächst-
liegende Erklärung, dass die Ambrosianischen Codices nach
Anfertigung der Copien Schaden erlitten haben, scheint auf
den ersten Blick ebenfalls ausgeschlossen zu sein, ist aber nicht
mehr von der Hand zu weisen, sobald durch genauere Prüfung
1 Für sie zeugt auch, dass die zwei Proposten der Mantuaperiode, die von
ungefähr nicht in die Mailänder Sammlung gekommen sind (s. II, S. 93,
Anm. 2 und III, S. 65) auch in tom. 108 fehlen.
3 Sie finden sich im Cod. 140, f. 44t, 446 und erscheinen da als Beilagen
zum Communebriefe von XI. 21, gehören aber (s. III, S. 86) zu der zu
gleicher Zeit expedirten Proposte vom 22.