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I. Abhandlung: v. Duncker.
Jedoch nicht diese Sorgen allein beschäftigten den zu
dieser Zeit vielgeplagten kaiserlichen Diplomaten. Die Hast,
mit welcher König Friedrich Wilhelm, in Folge seines Tempera
ments, die Verlobungsangelegenheit des Sohnes betrieb, war
durchaus nicht nach seinem Geschmack. Auch auf den Herzog
von Lothringen, der nach der glänzenden Aufnahme, die er
am Hofe von St. James gefunden hatte, ein entschiedener An
hänger des englischen Königshauses geworden war, konnte er
nicht unbedingt bauen; und sein Berather Graf Neipperg zählte
durchaus nicht zu Seckendorfs Freunden. ,Man gibt vor/ schreibt
er am 29. Februar dem Prinzen Eugen, ,dass der Kaiser auf
alle Weise auf die Bevern’sche Heirath gedrungen und ich
aus eben der Ursach so eiligst von Wien zurückkehren müssen,
um zu der Zeit einzutreffen, da die Bevern’sche Familie anher
kommen sollen, welche Anherkunft durch des Kaisers Befehle
wäre veranlässt worden/ Die Königin, welche den ganzen
Sachverhalt genau kenne, sei sehr froh, dass man dies eilfertige
Verfahren dem kaiserlichen Hofe zuschreibe, wodurch sie bei
England den Glauben erwecken wolle, die von ihr begünstigte
Verbindung des Kronprinzen mit einer englischen Prinzessin
wäre doch noch zu Stande gekommen, wenn des Kaisers Ein
fluss die gegenwärtige Verlobung nicht beschleunigt hätte. Dies
sei auch die Ursache, dass man an Lothringen das Ersuchen
gerichtet habe, bei der Bevern’schen Familie Namens des Kron
prinzen um die Prinzessin anzuhalten.
Wenn es nun auch Seckendorf unmöglich gewesen sei,
die Verlobung während der Anwesenheit des Herzogs von Loth
ringen zu hintertreiben, so sei doch der Anschlag der Königin
fehlgeschlagen, ,mittelst welchem sie den Herzog ins Spiel ziehiV
und England Grund zum Argwohn geben wollte, als ob mit
des Kaisers ,Vorwissen und Genehmhaltung die Bevern’sche
Prinzessin hiehergeführt und diese Heirat selbst durch des
Kaisers Anleitung wäre gestiftet worden*. 1
An diesem Tage war Mittags grosse Tafel auf dem Schloss,
nach deren Aufhebung der König mit dem Herzog von Loth-
1 K. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Grosse Correspondenz, 105 °, und
Seckendorf an den Kaiser; Berlin, 29. Februar 1732. Staatskanzlei,
Preussen, fase. 11.