34
III. Abhandlung: Büdinger.
schildert, wie wir gesehen haben; gerade der Vers (V, 556),
welcher dies ausdrücklich versichert, ist dem alten Commen-
tator wegen eines seltenen Ausdruckes aufgefallen und in den
selben säuberlich als eine Haarfrisur (coma composita) erklärt
worden; 1 denn unbegreiflich erschien ihm das ,nach dem
Herkommen geschnittene Haar' (in morem tonsa coma). Au-
gustus selbst legte auf das Trojaspiel besondern Werth, ,da er
es eben alter und ehrbarer Sitte entsprechend fand, die Eigenart
berühmter Herkunft auf diese Weise kund zu thun'; 2 an der
Spitze der altern Knabenschaar — denn unter Caesar theilte
man sie nach den Jahren — hat er einmal den spätem Kaiser
Tiberius reiten lassen. 3 Der spätere Kaiser Nero hat vorzeitig
(necdum matura pueritia ') wenn auch unter besonderm Beifalle
des Publicums an demselben theilgenommen, was den alter-
thümlichen Charakter der Feier aufhob.
Der kurze Haarschnitt dürfte eben mit dem feierlichen
Ritte verbunden die Lösung der Feier geben. Denn die gleiche
Sitte wird als öffentliches Fest bei den normännischen, speciell
schwedischen, ,warägischen' Gründern des russischen Staates
in Fortsetzungen des Geschiehtschreibers Nestor zweimal er
wähnt, 5 als von einem fürstlichen Vater an Söhnen vollzogen:
1 Vgl. oben S. 32, Amn. %j
2 prisci decorique moris existimans, clari stirpis indolem sic notescere.
Suet. Augustus 43.
3 Suet. Tiberius 6.
4 Suet. Nero 7. Die Thatsaclie ist von Taeitus ahn. XI, tl und XII, 25 nicht
bemerkt.
5 Ich sehe ab von der blossen Erwähnung des feierlichen Haarschnittes
in den Jahren 6720 (= 1212 nach Chr.) und 6738 (= 1230 nach Chr.)
und gebe die beiden Nachrichten, welche sich für die mit dem Haar
schnitte verbundene Vorführung zu Pferde nachweisen lassen, nach der
freundlichen Mittheilung meines Herrn Collegen Hofrath Professor Dr.
Vratislav Jagic in dessen Uebersetzung aus der neuen Ausgabe der alt
russischen Chroniken durch die russische archäographische Commission,
welche die abweichenden Texte der handschriftlichen Ueberlieferung
publiciert hat: ,Im Jahre 6700 (= 1192 nach Chr.) im Monate Juli am
28. Tage, am Feste des heiligen Märtyrers Eustathius . . . fand beim
Grossfürten Vsevolod . . . das Haarschneiden an seinem Sohne Georg
. . .statt; an demselben Tage setzte er ihn auf’s Pferd und es war eine
grosse Freude in der Stadt Suzdali“. ,In demselben Jahre veranstaltete
der Grossfürst Vsevolod das Haarschneiden für seinen Sohn Jaroslaw
und setzte ihn auf’s Pferd am Tage des heiligen Symeon . . . und es