Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 121. Band, (Jahrgang 1890)

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IT. Abhandlung: v. TTartel. 
in den Prolegomenen erschöpfend erörterte, so deutlich, dass 
eine zeitliche Trennung beider nicht möglich und es nicht 
wohl begreiflich erscheint, wie man die Bücher ad nationes 
später legen konnte. 1 Verräth sich aber in den Büchern ad 
nationes eine gewisse Hast der Arbeit, welche die Gefühle 
leidenschaftlicher Erregung und tiefer Bitterkeit gegen die Ver 
folger und Verächter christlicher Lehre, das heidnische Volk, 
voll ausströmen lässt, so zeigt das an die Behörden gerichtete 
Apologeticum einen gemässigteren und ruhigeren Ton und zwar 
nicht bloss im rednerischen Ausdruck, sondern auch in der 
überlegteren Ordnung und Verwerthung einzelner Argumente. 
Indem Tertullian dabei die Bücher ad nationes ausgiebig benützt, 
trifft er eine dieser Stimmung und Tendenz entsprechende 
Auswahl; er trägt kein Bedenken sich abzuschreiben, aber 
doch auf Schritt und Tritt mit dem sichtlichen Streben, den 
Ausdruck im Einzelnen zu verändern, zu feilen, zu runden, 
Gedanken zu modificieren und zu berichtigen. Auch diese 
ethischen und wenn auch an Zahl geringeren sachlichen 
Varianten stellen die Priorität der Bücher ad nationes ausser 
Zweifel. Ich hebe nur einige Proben der Art heraus, welche 
die folgende Sammlung der Parallelstellen leicht ergänzen lässt; 
so heisst es: 
ad nat. I c. 4, p. 64, 15 pro stultitiae caecitate laudant quae 
sciunt, uituperant quae nesciunt, im Apol. c. 3, p. 123, 12 (Oehl. 
ed. mai) höflicher laudant quae sciunt, uituperant quae ignorant. 
ad nat. I c. 7, p. 67, 22 ut nemo recogitet, ne primum 
illud, os mendacia seminauerit, quod saepe fit aut aemidationis 
ingenio aut suspicionis arbitrio aut etiam noua mentiendi 
uoluptate. sed lene quod omnia tempus reuelat — ut nihil 
latent etiam. quod fama non prodidit, im Apol. c. 7, p. 140, 2 
in sonst wörtlicher Uebereinstinunung aut non noua sed in- 
genita mentiendi uoluptate — ut nihil diu latent quod 
fama non distulit. 
1 So Grotemeyer Kompencr Progr. 1863, welche Arbeit mir 
unzugänglich war, und Ebert, Gosch, der christl.-lat. Lit.', S. 40. Vgl. 
dagegen die überzeugende Darlegung E. Hoeldechen’s über die Ab 
fassungszeit der Schriften Tertullian’s in Texte und Untersuchungen zur 
Gesch. der altchristl. Lit. V 2, S. 25.
	        
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