Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 110. Band, (Jahrgang 1885)

Kant und Corate in ihrem Vorlialtniss zur Metaphysik. 
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gleichartig ist, d. i. durch den Menschen als Naturwesen, bleibt 
von selbst ausgeschlossen. Nicht nur ist der Mensch für die 
Erlcenntniss Gottes, sondern auch der Mensch als Naturwesen 
ist für den Menschen, insofern dieser Geistwesen ist, ein un 
adäquates Medium; andererseits erblickt der Mensch nicht nur 
die ganze ihm gegenüberstehende Natur, sondern auch sich 
selbst nicht sow T ohl in dem Licht, welches von beiden als 
Objecten auf ihn geworfen, als vielmehr in demjenigen, welches 
von ihm auf dieselben zurückgeworfen wird. Folge des ersteren 
Umstandes ist, dass für den Menschen, wde er thatsächlich in 
der Erfahrung gegeben ist, sowohl Gott seinem wahren als er 
selbst seinem geistigen Wesen (spiraculum) nach wissenschaft 
lich unerkennbar bleiben. Beide sind für denselben zwar 
Gegenstände des Glaubens, nicht aber des Wissens; weder 
eine philosophische Theologie, noch eine solche Pneumatologie 
ist vom Standpunkt des natürlichen Menschen aus als Wissen 
schaft möglich. Erstere reicht höchstens aus ,den Atheismus 
zu widerlegen', da die Erklärung aus physischen Ursachen der 
Ergänzung durch die Zuflucht zur göttlichen Vorsehung bedarf, 
nicht aber ,eine affirmative Gotteserkenntniss zu begründen'; 
letzterer wdrd nicht einmal dieses, d. i. die Widerlegung des 
Unglaubens an die Existenz eines immateriellen Geistwesens zu 
gestanden. Insofern daher Gott und Geist Gegenstände der Meta 
physik sind und diese oben nichts anderes ist als die Wissen 
schaft von jenen, wird, wenn die wissenschaftliche Erkenntniss 
obiger Objecte aufgehoben wird, dadurch auch Metaphysik als 
Wissenschaft aufgehoben und ist demgemäss aus dem globus 
intellectualis als Inbegriff und System des menschlichen Wissens 
und menschlicher Wissenschaften zu streichen. 
Sonach bleibt als dem Menschen zugängliches Object der 
Erkenntniss nur die Natur und der Mensch selbst, letzterer je 
doch nur insofern er Naturwesen ist, übrig; jene macht den 
Gegenstand der Naturphilosophie, diese jenen der Anthro 
pologie aus. Der Inbegriff derjenigen Begriffe und Sätze, welche 
beiden gemeinsam sind, d. i. welche allen Theilen der Philo 
sophie gleichmässig zu Grunde liegen, wie die Begriffe Sein und 
Nichtsein, Aehnlichkeit und Verschiedenheit, das Axiom von 
der Gleichheit zweier Grössen, die einer dritten gleich sind, 
macht, aus beiden herausgehoben und zu einem Ganzen für 
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