Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 102. Band, (Jahrgang 1883)

Der Streit um die geistlichen Güter und das Restitutionsedict (1629). 375 
politische und militärische Vortheile bei jedem einzelnen Stifte. 1 
Bremen sperrte die Mündung der Weser und gewährte ausser 
dem eine vortreffliche Stellung an der Nordsee; von hier aus 
konnte man vielleicht auch die anderen Hansestädte unter die 
kaiserliche Botmässigkeit bringen, für den grossartigen Plan 
einer kaiserlichen Meeresherrschaft gab es kaum einen besseren 
Stützpunkt. Einen zweiten Weserpass erwarb man in Minden; 
von hier aus konnte man Wache halten nicht blos über die cal- 
vinischen und lutherischen Nachbarn, über Holland, Braun 
schweig , Hessen, sondern auch über die unter bayrischem 
Einflüsse stehenden Stifter: Münster, Paderborn, Hildesheim 
und Osnabrück. Und wie wichtig war endlich Magdeburg, der 
,Schlüssel Grermaniens 1 ! Wer dort herrschte, übte einen beinahe 
unwiderstehlichen Druck aus nicht nur auf Hessen und Braun 
schweig, sondern auch auf Kursachsen und Kurbrandenburg; 
(las Stift lieferte zusammen mit Halberstadt den grössten Theil 
des Bedarfes für das ligistische Heer; wer Magdeburg hatte, 
besass zugleich das Directorium im niedersächsischen Kreise. 2 
In der That, so viele Vortheile auf einmal, dass es fast ein 
Wagniss war, dem Kaiser trotz alledem die Besitznahme zu 
widerrathen; wer es that, setzte sich ja der Beschuldigung aus, 
dass ihm das Wohl des Kaisers, die Zukunft des kaiserlichen 
Prinzen weniger am Herzen liege als den anderen Rathen. 
Es scheint denn auch, dass der Vorschlag, dem Erzherzog 
jene Stifter zuzuwenden, am kaiserlichen Hofe nirgends auf 
Widerstand stiess; Waldstein wenigstens, der sonst den Resti 
tutionen nicht günstig war, sprach sich dafür aus. Ja er 
1 Die Bedeutung der Stifter in politischer Hinsicht wurde von den nieder- 
sächsischen Ständen schon 1623 hervorgehoben: wenn der Kaiser sie 
und damit den ,Schlüssel zur Ost- und Westsee“ in seine Gewalt bekomme, 
werde es um die ,deutsche Kur- und Fürstenlibertät“ geschehen sein 
(Opel I, S. 456). Noch ausführlicher handelt darüber ein Gutachten 
des Restitutionscommissärs Hye (Wiener Staatsarchiv, Kriegsacten, S.38) 
Diese Aussichten werden noch verlockender, wenn man die Ergänzung 
hinzunimmt, welche die Restitutionen durch die Confiscationen auch 
weltlicher Besitzungen zu Gunsten der kaiserlichen Generale erhielten; 
so ist insbesondere in Betracht zu ziehen die Verleihung Mecklenburgs 
an Waldstein. K. A. Menzel sagt daher viel zu wenig, wenn er den 
politischen Vortheil des Kaisers blos in der Vermehrung der geistlichen, 
dem Kaiser gefügigeren Stimmen sieht. (VII, S. 174). 
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