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Ausflüge von Cilly
J. In die Sulzbacher Gebirge.
Unter den Ausflügen in weitere Ferne ist jener in die
Sulzbacher-Gebirge der lohnendste. Mit Recht wird
jene Gegend die „Untersteyrische Schweiz“ genaunt; majestä⸗
tisch steigen dort die Riesengebilde der südlichen Kalkalpenkette in
starren zackigen schneebedeckten Zinnen in der Hoöhe von 7000-
8000“ in die Luft. An Wildheit, Großartigkeit der Formen,
und malerischem Zauber hat dieses Hochgebirge kaum seines
Gleichen. Es ist indessen nur wenig von Touristen besucht,
ja von denselben fast noch ungekannt. Ich finde mich ver⸗
pflichtet, indem ich auf den hohen Reiz dieses Alpengebietes,
auf die reichen, lohnenden Genüsse aufmerksam mache, welche
es dem Auge und der Forschung des Naturfreundes in über⸗
schwenglicher Fülle gewaͤhrt, auch die Schattenseite nicht zu
berhehlen, welche es zeigt. Die wenigen Schriftsteller, welche
bisher in ihren Werken dieser Gegend erwähnten (Seidl,
Schmutz, Schaubach) schildern die Bewohner dieser Thäler
als ein Patriarchalisches, friedliches, gemüthliches Völkchen.
Sie mögen es recht gut gemeint haben, aber es ist Pflicht
gegen diejenigen, welche dieses schoͤne Thal besuchen, ihnen
auch nicht zu verhehlen, daß hier wenigstens noch vor Kur—⸗
zem ganz kigenthümliche Zustände herrschten, welche nicht
mit Stillschweigen übergangen werden können und dürfen,
denn sie sind sehr wichtig, besonders für den Touristen.
Ein rauhes Volk bewohni diesen in so hohem Glanze der
Naturschönheit prangenden Alpenwinkel. Er ist übel berüchtigt
im Lande als ein alter Hort, als eine sichere Zuflucht von
Gesindel aller Art; Deserteure, Strolche, Diebe, Brandleger
u. s. w., denen es gelang hieher zu flüchten, fanden hier stets
Schutz, Unterkunft, Arbeit in den Holzschlägen, und wurden
so deu strafenden Arm der Gerechtigkeit vorenthalten. Paß⸗
beachtung, Fremdenpolizei u. s. w. war hier unbekannt. Da
die Zugaͤnge nach Sulzbach von allen Seiten sehr schwierig