Full text: Die Staatsbahn von Wien bis Triest mit ihren Umgebungen

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Hoͤllthales hingleiten, dessen furchtbar wilder Charakter gleich bei seinem Ein— 
gange unterhalb der Veste Klamm sich durch hohe überhangende Riffe, schauerliche 
Schlünde und Grotten kenntlich macht. Die scharf gezackten Felsenzinnen der 
— 
Niveau zu erhalten, der Bahn Raum geschafft werden mußte, fast senkrechte Ab— 
stuͤrze von 60 bis 70 Klafter bildet. Ursprünglich beabsichtigte man die Bahn mittels 
großartiger Sprengungen an der Außenseite der Wand hinzuführen, eine Aufgabe 
von unendlicher Schwierigkeit, zugleich in ihrem Erfolge nicht ganz verbürgt, da 
das gleich riesenhaften Krystallen empor strebende Gestein stellenweise tief 
durchfurcht ist, und die durchsickernde Bergfeuchte, wie der Ablauf des Regen— 
und Schneewassers Auflockerungen veranlassen und sonstige Verlegenheiten her— 
beiführen konnte. 
Dem Scharfblicke des Ministers Freiherrn von Bruck der im Jahre 1850 
die Arbeiten besichtigte, konnte es nicht entgehen, daß die Bahn, in solcher Höhe 
der Felswand eingekerbt, auch dem entschlossendsten Reisenden unwillkührliches 
Grauen erregen mußte, ebenso, daß sich nicht berechnen lasse, welche Maßregeln 
zu ihrer Sicherung noch nöthig würden, sobald die natürliche Verbindung des Ge— 
steines durch den tiefen Einschnitt in seine Unterlagen gelockert war; sogleich ließ 
er die begonnenen Sprengungen einstellen und ordnete an, daß zur Durchbre— 
chung der Felswand in ihrem compacten Theile mittelst Tunnels und Gallerien 
der Plan verfaßt werde. 
Ihm verdanken wir eine dicht gedrängte Reihenfolge von Bauwerken, die, 
ziemlich genau die Mitte der Bergbahn einnehmend, an Interesse unstreitig alle 
Uebrigen weit überbieten, und, obgleich bei ihnen auf Symmetrie durchaus keine 
Rücksicht genommen werden konnte, durch großartige Kühnheit, durch das Ge— 
präge des Wild-Phantastischen zu sprachlosem Staunen hinreißen. 
Das erste derselben, ein Tunnel von fast 164 Klafter Laͤnge, theils gewölbt, 
theils durch den lebenden Felsen gebrochen, durch 2 in horizontaler Richtung mit 
der Bahn nach der Außenseite des Berges getriebene Schachte erhellt, ist mit 
dem nächsten von 88 Klafter Länge durch eine 48 Klafter messende Gallerie von 
6 Bogen mit mäͤchtigen Strebepfeilern verbunden, unter welcher der Schienen⸗ 
weg längs hoher, ein Stockwerk bildender Sturzmauern hinläuft; unmittelbar 
darauf öffnet sich der dritte zum größern Theil in den Fels gesprengte Schacht 
der Länge von 68 Klafter. Der Krümmungshalbmesser des letztern beträgt 140, 
jener der beiden erstern Tunnels und der Gallerie 100 Klafter. Kaum hat sich 
das Auge, geblendet von dem Wechsel des Lichtes und der Finsterniß, wieder an 
die freundliche Tageshelle gewöͤhnt, so tauchen wir in ein neues Souterrain, jenes 
des Weinzirlfeldes, das uns bei der Länge von 119 Klaftern wieder für 
geraume Zeit in dichtes Dunkel hüllt, und gelangen jenseits der Station Brei— 
tenstein durch die kurze thorartige Halle des Krausel-Tunnels zum Via—
	        
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